1. Grundsätzliche Regelungen
  2. Die Begünstigung von „Veräußerungsgewinnen“
  3. Beachtung der 6-jährigen Besitzzeit im Betriebsvermögen
  4. Behandlung von 6b-Rücklagen bei Betriebsveräußerungen
  5. Zusammenfassung

Die Möglichkeiten Steuerbelastungen nach einer Realisierung von Veräußerungsgewinnen zu vermeiden sind sehr begrenzt. Es gibt jedoch Gestaltungspotenzial, welches zur Steueroptimierung genutzt werden kann. Die Vermeidung der Versteuerung ist jedoch an enge Voraussetzungen und Grenzen geknüpft, die es genau zu kennen gilt.  Im Folgenden werden ausgewählte Aspekte der Bildung von 6b-Rücklagen dargestellt.

 

1. Grundsätzliche Regelungen

Die Bildung von steuerfreien Rücklagen in Höhe des Veräußerungsgewinns darf gemäß § 6b Abs. 1 EStG nur für folgende stille Reserven gebildet werden, die

  • sich im Grund und Boden, dem Aufwands auf Grund und Boden oder in Gebäuden befinden („Wirtschaftsgut“) und
  • durch Veräußerung realisiert wurden, wenn
  • das betroffene Wirtschaftsgut im Veräußerungszeitpunkt mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört hat.

Seit dem Jahr 2002 sind auch die Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften begünstigt.

Die in Höhe des Veräußerungsgewinns gebildete Rücklage kann nach § 6b Abs. 3 EStG entweder sofort oder innerhalb von vier Jahren auf ein Reinvestitionsgut (Grund und Boden, Aufwuchs, Gebäude) steuerneutral übertragen werden.

Kommt es nicht zu einer Reinvestition, ist die Rücklage spätestens mit dem Fristablauf gewinnerhöhend aufzulösen, zuzügliches eines Gewinnzuschlags.

2. Begünstigung nur von Veräußerungsgewinnen

Die Rücklagenbildung setzt die Gewinnrealisierung durch Veräußerung voraus, also die Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person (R 41a Abs. 1 EStR). Potenzielle andere Person (Erwerber) in diesem Sinne kann auch eine dem Veräußerer gehörende Kapitalgesellschaft sein, ebenso eine so genannte Einmann-GmbH & Co. KG des Veräußerers. Allerdings muss es eine Gesellschaft sein, die infolge ihrer gewerblichen Tätigkeit oder Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Allein solche Personengesellschaften sind einkommensteuerlich voll anerkannte Rechtsträger, schirmen also gegenüber dem Gesellschafter ab. Bei einer lediglich vermögensverwaltenden, nicht gewerblich tätigen/geprägten Personengesellschaft hingegen wird auf den Gesellschafter durchgegriffen (BMF 5.10.00, BStBl I, 1383 Tz. 8).

Wird ein grundsätzlich begünstigtes Wirtschaftsgut in eine Betriebsvermögen eingelegt, stellt dies keinen begünstigen Veräußerungstatbestand dar, ebenso wenig wie die Überführung in das Gesamthandvermögen einer gewerblichen Personengesellschaft. Würde sich der der Veräußerer jedoch für die Gewährung von Gesellschaftsrechten entscheiden als Gegenleistung für die Einlage, so stellt dies einen tauschähnlichen Vorgang dar und damit auch ein Anschaffungsgeschäft (siehe Rogall, DStR 2004, S. 1243/1244). Zu achten ist hier insbesondere, auf welchem Kapitalkonto die Gutschrift für die eingebrachten Wirtschaftsgüter bei der Personengesellschaft erfolgt (Siehe BMF 29.3.2000, BStBl I, S. 462). Damit lässt sich auch eine Veräußerung mittels einer personenidentischen GmbH & Co. KG herbeiführen.

Wird ein Wirtschaftsgut lediglich aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen überführt, liegt keine Veräußerung vor (R 41a Abs. 1 EStR). Ebenso wenig wie bei der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf Dritte. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Privatvermögen oder Betriebsvermögen handelt

Bei der Veräußerung begünstigter Wirtschaftsgüter ist eine sechsjährige Mindest-Besitzzeit zu berücksichtigen. Sollten innerhalb dieses Zeitraumes Gesellschafterwechsels stattfinden, sind Besonderheiten zu beachten.

3. Beachtung der 6-jährigen Besitzzeit im Betriebsvermögen

Als begünstigte Wirtschaftsgüter gelten nur Wirtschaftsgüter, die im Veräußerungszeitpunkt ab Anschaffung bzw. Herstellung mindestens sechs Jahre (nicht volle Wirtschaftsjahre) ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben. Diese 6-Jahres-Frist wird nicht unterbrochen,

  • wenn ein Betrieb, z.B. im Rahmen der Generationennachfolge unentgeltlich zum Buchwert auf einen anderen Steuerpflichtigen übergeht.
  • wenn ein Betrieb in eine Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen wird und die Gesellschaft das Betriebsvermögen zu Buchwerten übernimmt.
  • wenn das nach § 6b EStG begünstigte Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen übertragen wird.

Wird ein ganzer Betrieb oder einzelne Wirtschaftsgüter zu Buchwerten übertragen, verhindert dies in der Regel den Beginn einer neuen 6-Jahres-Frist. Eine entgeltliche oder auch teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts, führt zu einem schädlichen Neubeginn der 6-Jahres-Frist.

Sofern ein Gesellschafterwechsel stattfindet oder ein Gesellschafter aus der Gesellschaft austritt, führt dies teilweise auch zu einem Wegfall der Begünstigungsmöglichkeit. Die Voraussetzungen des § 6b EStG sind gesellschafterbezogen zu prüfen und damit können Wechsel im Bestand der Gesellschafter zu quotalen Verlusten der gebildeten 6b-Rücklage führen

4. Behandlung von 6b-Rücklagen bei Betriebsveräußerungen

Werden vorhandene § 6b-Rücklagen im Rahmen von Betriebsveräußerungen aufgelöst, so ist der Gewinn nach § 34 EStG steuerbegünstigt. Zu prüfen ist jedoch auch, ob die Auflösung auf anderem Wege vermieden werden kann

a) Bildung von § 6b-Rücklagen anlässlich einer Betriebsveräußerung

§ 6b-Rücklagen dürfen gemäß R 41b Abs. 10 EStR auch anlässlich einer Betriebsveräußerung gebildet werden und setzen nicht das Fortbestehen des Betriebs voraus. Dies bedeutet zugleich, dass ein möglicher Gewinn der auf eine Rücklage übertragen wird, nicht einer möglichen anwendbaren begünstigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG (hälftiger Steuersatz) unterliegt. Dafür wird jedoch die Besteuerung in die Zukunft verschoben und der Veräußerungsgewinn mit dem regulären Tarif versteuert, sofern es nicht zu einer Reinvestition kommen sollte.

Sollten sich bei Betriebsaufgabe stille Reserven in einem Betriebsgrundstück befinden und das Grundstück z.B. anlässlich der Betriebsaufgabe veräußert werden, so kann der möglicherweise sehr hohe Gewinn aus den stillen Reserven in eine § 6b-Rücklage eingestellt werden. Die Rücklage stellt eine Art statistischer Merkposten dar und bleibt bis zum Ablauf der vierjährigen Reinvestitionsfrist. Anschließend würde die Auflösung des Merkpostens allerdings mit einem Gewinnzuschlag normaltariflich versteuert werden, sofern die Rücklage nicht innerhalb der Frist auf ein Reinvestitionsgut übertragen worden wäre.

b) Endlagerung von § 6b-Rücklagen mittels Gründung einer GmbH & Co. KG

Sofern innerhalb der Reinvestitionsfrist keine sinnvolle Investitionsmöglichkeit vorliegt, muss überlegt werden, ob es eine Möglichkeit gibt die Auflösung der § 6b-Rücklage zu vermeiden. Hat z.B. ein Einzelunternehmer im Rahmen einer Betriebsaufgabe eine § 6b-Rücklage gebildet und hat lediglich ein wertvolles Grundstück im Privatvermögen, kann die Gründung einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG angedacht werden, in welcher der ehemalige Einzelunternehmer alleiniger Kommanditist und Anteilseigner der GmbH ist. Das Grundstück könnte an die GmbH & Co. KG verkauft werden und das Veräußerungsentgelt in Form der Übernahme privater Verbindlichkeiten oder der Gewährung von Gesellschaftsrechten bestehen. In diesem Fall könnte die gesamte § 6b-Rücklage auf die aus Sicht der KG neu erworbene Immobilie übertragen werden. Den steuerlichen Vorteilen muss natürlich auch der höhere Aufwand aus der Gründung der GmbH & Co. KG gegenübergestellt werden. Zudem können auch andere steuerliche und rechtliche Aspekte gegen eine Übertragung der Immobilie in ein steuerliches Betriebsvermögen sprechen

5. Zusammenfassung

Es wurden vorstehend die Grundzüge der Regelungen im Zusammenhang mit der §6b-Rücklagenbildung aufgezeigt. Die Bildung von § 6b-Rücklagen kann unter Umständen eine gute Möglichkeit darstellen, die sofortige Versteuerung von Veräußerungsgewinnen bestimmter Wirtschaftsgüter hinauszuzögern. Die Voraussetzungen zur Bildung und der Übertragung müssen jedoch sehr detailliert geprüft werden und die Vorteile einer verzögerten Versteuerung den möglichen Nachteilen gegenübergestellt und abgewogen werden. Dem jeweiligen Steuerpflichtigen müssen die Konsequenzen aus einer möglichen Nicht-Übertragung bewusst sein und steuerliche und gesellschaftsrechtliche Veränderungen im Rahmen von Unternehmen müssen immer auch im Hinblick auf die Auswirkung auf bereits gebildete § 6b-Rücklagen geprüft werden.

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